Die Tour ging für mich schon Mittwochnacht los, denn wenn man in Robertson (mein Vorort) wohnt, gibt es nur zwei Möglichkeiten einen 6 AM Flug von Brisbane zu erwischen: $70 für ein Taxi zu zahlen oder aber den letzten Bus in die Stadt zu nehmen und fünf Stunden bei McDonald’s auf den Airtrain zu warten. Ich habe mich kostenbewusst für letzteres entschieden. Im Nächte durchmachen bekomme ich so langsam Übung;-)
Nach kurzem Stopp in Sydney ging es weiter Richtung Red Centre. In Alice Springs erwartete mich ein völlig anderes Australien, nicht vergleichbar mit den Metropolen der Ostküste. Das Stadtbild ist von Aboriginees geprägt, die am Straßenrand und im Park sitzen. Viele von ihnen sind von ihren Gemeinden verstoßen worden und frönen jetzt dem produktiven Nichtstun und dem Alkohol.
Es soll aber kein schlechtes Bild von den Ureinwohnern im Allgemeinen entstehen, denn die obige Beschreibung trifft hauptsächlich auf die Verstoßenen zu. Viele Aboriginees passen sich immer weiter der westlichen Welt an, schicken ihre Kinder zur Uni etc.; andere leben im Einklang mit der Natur und halten die alten Traditionen aufrecht. Aboriginees bevorzugen es übrigens Blackfellas genannt zu werden; wir sind Whitefellas.
In Alice Springs habe ich an einem Didgeridoo-Workshop teilgenommen, mein Talent für dieses Instrument ist allerdings eher begrenzt.
Der Ruf von Annie’s Hostel, wo ich die Nächte vor und nach der Tour verbringen sollte, bereitete mir ein wenig Sorgen. In Internet-Foren war von Bettwanzen und lauten Partynächten die Rede. Ich hatte jedoch unheimliches Glück und kann nichts Schlechtes berichten. Beide Nächte wurde ich in einem Dreier-Zimmer weit weg von der Bar untergebracht – und von Bettwanzen blieb ich auch verschont. Aber an den Gerüchten ist schon etwas dran, denn viele andere Zimmer waren befallen und in der letzten Nacht habe ich mir ständig eingebildet, dass etwas an mir krabbelt. Ich bin also mindestens vier Mal aus dem Bett gesprungen und habe alles abgeleuchtet.
Ich versuche euch die Erfahrungen der Tour nun so gut wie möglich zu beschreiben, aber wenn man die Natur nicht selbst gesehen hat, ist es wahrscheinlich kaum nachzuvollziehen. Selbst die Bilder können es nur schwer wiedergeben.
Meine Tourgruppe bestand aus 16 Leuten (+ Guide Paul); eine bunte Mischung aus Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Slowakei, Schottland, Polen, Frankreich und der Schweiz. Zusammen machten wir es uns um 6 Uhr morgens im kleinen Bus gemütlich – und schliefen gleich wieder ein. Schließlich sind Alice Springs und Ayers Rock zwar quasi Nachbarstädte, aber gute fünf Autostunden voneinander entfernt.
Außerdem hatten wir eine etwa 50jährige Spaßbremse dabei, die unbedingt sanfte Popschnulzen hören wollte – wie soll man da auch in Partystimmung kommen!? Der Rest war zwischen 18 und 30 Jahre alt und sagen wir mal so, sie hatte es die folgenden Tage nicht ganz leicht;-)
Auf der Fahrt zum King’s Canyon habe ich eine Wildpferd-Herde gesehen, mitsamt zwei kleinen Fohlen! Ich war überrascht wie kräftig und gesund die Tiere sind, obwohl sie in der Wüste überleben müssen. Kamele rennen auch zuhauf im Outback rum, werden aber als Plage gesehen.
Am King’s Canyon stehen verschiedene Wanderrouten zur Auswahl, aber wir nahmen den „Heartattack Hill“ – wenn schon, denn schonJ
Zum Glück hatte ich mir in Alice Springs ein Fliegennetz gekauft, das man sich über den Kopf stülpt. Sieht zwar absolut unsexy aus, aber die Fliegen sind sonst nicht zu ertragen. Paul wusste viel über die einheimische Fauna zu berichten. Er erklärte uns, welche Bäume auf Wasser hinweisen, welche Pflanzen heilende Wirkung haben und gab eine Einführung in „Bushtucker“, d.h. was man in der Wüste essen kann, um zu überleben. Beispiel gefällig? Man suche Honigtopfameisen, rupfe ihnen das Kügelchen vom Hinterteil und sauge die Flüssigkeit raus...mmhh...
Die Wanderung führte zum „Garden of Eden“, einem kleinen Gebirgssee. Idylle pur! Wenn man den See durchschwamm und ein paar Felsen überwand, kam man zu einem verborgenen Wasserfall. Im Schwimmbad kriegt man mich kaum aufs 3-Meter-Brett, aber ich bin den Wasserfall hinab gesprungen! Mein Adrenalinspiegel war ordentlich hoch, auch weil man genau in die Mitte springen musste, um nicht an die Felsen unter Wasser zu kommen.
Von den ganzen Giftschlangen, die wir glücklicherweise nicht angetroffen haben, hat uns Paul erst am Abend erzählt („Sonst wäre ja keiner ins Wasser gegangen!“).
Am Abend bereiteten wir unser Busch-Camp vor. Es war auf dem Grundstück einer Rinderfarm, die die Fläche der Niederlande (!) hat. Am Lagerfeuer brieten wir einen Känguru-Schwanz; nicht gerade eine Delikatesse... Es gab keine Elektrizität, d.h. mit meiner Mini-Taschenlampe im Mund habe ich versucht die Kontaktlinsen ins Döschen zu bugsieren. Geschlafen wurde in Swags; das sind Schlafsäcke mit eingearbeiteter Matratze, die bis -10°C warm halten sollen. Wir hatten zwar auch nachts noch ca. 17 °C, aber ab Ende April fällt das Thermometer in der Wüste unter 0 °C.
Paul versuchte noch einige Mädchen zu beruhigen, dass sie keine Angst vor Giftspinnen haben müssten. In der Region gebe es auch nur acht der zehn tödlichsten Schlangen, aber die Schlangensaison gehe ja gerade ihrem Ende zu...also: Keine Panik!;-)
Die Nacht unterm Sternenhimmel war unbeschreiblich. Noch nie habe ich so viele Sterne gesehen, die Milchstraße, das Kreuz des Südens, Sternschnuppen, Satelliten...
Um 5.30 Uhr hieß es schon wieder Aufstehen, denn weiter ging es zu den Olgas (Kata Tjuta) und auf eine Wanderung durch das „Valley of the Winds“. Kata Tjuta bedeutet "Viele Köpfe", was man auch ganz gut erkennen kann.
Am Nachmittag erreichten wir das eigentliche Ziel unserer Reise: Uluru. Unser Guide erzählte einige Aboriginee-Mythen und erklärte die Bedeutung der Heiligen Stätten. Weil jede Ecke den Aboriginees aus irgendeinem Grund heilig ist, darf man am Uluru kaum fotografieren. Mit dem Bus fuhren wir um den Felsen und Paul zeigte uns, welche Formationen man im Gestein erkennen kann: Stöckelschuh, Wombat, Känguru, Eisbär – Fotos waren wie immer nicht erlaubt, aber es war unglaublich wie eindeutig diese Bilder zu sehen sind. Kaum zu glauben, dass alles natürlich sein soll...
Den berühmten Sonnenuntergang am Uluru schauten wir von einem Hügel am Camp aus. Der Sternenhimmel war so wunderschön wie in der vorherigen Nacht.
Am letzten Tag mussten wir schon um 5 Uhr aufstehen, um pünktlich zum Sonnenaufgang am Uluru zu sein. Wir dachten, wir setzen uns gemütlich zu den anderen Touristen auf den Aussichtsplatz, frühstücken und schauen den Berg an...aber alles kommt so anders, als man denkt.
Paul stoppte den Bus irgendwo am Uluru und dann hieß es ohne Frühstück 10 Kilometer um den Berg laufen („The hungrier you are, the faster you walk.“)
Eine Bedingung, dass der Uluru 1985 wieder in de Besitz der Aboriginees überging, war, dass sie ihr Heiligtum für 99 Jahre wieder an die Regierung verpachten. Bis 2084 ist es also noch erlaubt, den Uluru zu besteigen. Die Anangu Aboriginees bitten jedoch darum, Respekt zu zeigen und es nicht zu tun.
Ich hatte mich wie die meisten anderen bereits entschieden, nicht hinauf zu klettern. Aber auch die, die wollten, gingen leer aus, denn Aboriginees finden fast jeden Tag einen Grund den Aufstieg wegen kultureller Feierlichkeiten oder aus Sicherheitsgründen zu schließen.
Ein Auszug:
- Die zu erwartende Temperatur liegt bei 36 °C oder höher (was im Sommer generell der Fall ist).
- Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten drei Stunden regnet, ist ≥ 20%.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den nächsten drei Stunden gewittert, ist ≥ 5%.
Nach einem viel zu kurzen Aufenthalt am Cultural Centre (tolle Ausstellung!), machten wir uns auf den Rückweg nach Alice Springs. Auf dem Programm standen noch ein Foto-Halt am Fuluru (= Fake Uluru = Mount Connor) und ein Zwischenstopp auf einer Kamelfarm, wo auch Wallabies aufgepäppelt wurden und ich einen Dingo streicheln konnte.
Im Hostel führte für uns alle der erste Weg in die Dusche, ehe wir die Tour bei ein paar Bier ausklingen ließen...
Es waren fünf unvergessliche Tage!